Vor
langer, langer Zeit lebten einst viele kleine Zwerge. Als damals der
Sommer vorüber war da gingen die Zwerge des abends auf die Heide.
Ihre Körbchen, viele kleine Körbchen, nahmen sie mit. Sie suchten
die unterschiedlichsten Kräuter: Pfefferminze, Melisse, Kamille und
viele mehr auf der Heide. Eines abends nun, im späten Sommer gingen
sie wieder einmal mit ihren Körbchen hinaus, um sich verschiedene
Kräuter für den kalten Winter zu suchen. Aus den Kräutern kochten
sie nämlich Tee, der ihnen helfen sollte, im Winter gesund zu
bleiben. Als sie aber am Wald, bei Birken und Büschen ankamen, da
war nicht ein einziges Kräutlein auf der Wiese. Keine
Pfefferminze, keine Kamille, keine Melisse, nichts war zu sehen. Da
wurden die Zwerge sehr traurig: „Jetzt haben wir gar keine Kräuter
mehr, die uns vor Erkältungen im kalten Winter schützen können.“
Als sie nun so traurig waren und nicht ein noch aus wussten, da kam
gerade die Hexe Tannenmütterchen über den Tannenweg gelaufen. Auch
sie wollte sich Kräuter holen. Sie hörte die Zwerge jammern und
ging auf sie zu und fragte: „Warum sitzt ihr denn alle da und
weint, ihr guten kleinen Zwerge?“ „Ach, liebes Tannenmütterchen,
sagten die Zwerge, es ist kein einziges Kräutlein mehr auf der Heide
zu finden und nun haben wir im Winter keine Vorräte, die uns gegen
Schnupfen und Halsweh helfen könnten.“ Da hatte die Hexe einen
Einfall. Lasst uns zum Kräuterweiblein gehen, vielleicht weiß sie,
wo unsere guten Kräuter sind. Da gingen alle miteinander zum
Kräuterweiblein durch den Wald bis hinter einen Berg. Das
Kräuterweiblein wohnte in einer silberweißen Birke mitten auf der
Heide. Die Hexe klopfte an die Birke und rief mit den Zwergen:
*
Kräuterweiblein,
kleines,
Kräuterweiblein,
feines,
komm
zu uns heraus
aus
deinem Silber-Birken-Haus!
*
Sie
riefen noch einmal, aber der Birkenbaum schüttelte nur seine
traurigen Blätter und kein Kräuterweiblein kam heraus. Wo mag es
nur geblieben sein? Pst, pst! machte es da unter der Birke. Die Hexe
bückte sich und schaut nach unten. Sieh da, da steckte die Haselmaus
ihr Köpfchen aus dem Loch und sagte: „Tannenmütterchen, ich weiß,
wo das Kräuterweiblein ist. Ich habe es gesehen, wie es im Frühjahr
aus seinem Birkenhaus kam, um nach den Kräutern zu sehen. Da kam
plötzlich der Zauberer und hat das Kräuterweiblein mitgenommen und
in einer Burg versteckt. Ja, das habe ich selbst gesehen.“
„Ohje!“
, rief da das Tannenmütterchen, „dann müssen wir sogleich auf den
Berg und zur Burg des Zauberers gehen.“ Und mit langen Schritten
fegte die Hexe dahin über die Heide. Die Zwerge hinter ihr her. Dann
liefen sie über die sieben Berge, durch die sieben Wälder und noch
einmal über sieben Brücken, bis sie vor dem Bergschloss des
Zauberers standen.
Die
Hexe rief: „Öffne deine Tür, Zauberer, hier sind die Zwerge und
das Tannenmütterchen!“
Da
klappte der Zauberer das Fenster der Burg auf und rief: „Ich werde
euch keine einzige Türe öffnen, schert euch weg!“
„So,
du machst nicht auf“, sagte das Tannenmütterchen und nahm ihren
Besenstiel und knallte ihn an die Türe. Diese sprang sogleich auf
und dann - perlicko - perlacko - perlucko - verzauberte sich die Hexe
in eine große Wildkatze. Der Zauberer erschrak so sehr, dass er
eilig davonlief, so schnell er konnte, über alle sieben Brücken,
Wälder und Berge. Die Wildkatze verwandelte sich wieder in die Hexe
Tannenmütterchen. Sie und die Zwerge liefen sogleich durch das ganze
Zauberschloss um das Kräuterweiblein zu suchen. Aber nirgends fanden
sie es.
Bis
auf einmal der kleinste Zwerg bist unter das Dach, hoch oben auf den
Speicher kroch und da fand er ein winziges Türchen. Das zauberte die
Hexe auf und siehe da, dahinter war ein dunkles vergittertes
Stübchen. In diesem Stübchen saß das arme Kräuterweiblein und
weinte. Die Hexe und die Zwerge aber riefen:
*
Kräuterweiblein,
kleines,
Kräuterweiblein,
feines,
nun
ist der Zaubrer fort
nun
hat ein End´ die Not!
*
Das
Kräuterweiblein konnte es erst gar nicht glauben, aber dann lief es
fröhlich mit den Zwergen und der Hexe aus dem Schloss, über die
sieben Brücken, durch die sieben Wälder und über die sieben Berge.
Da waren sie wieder auf ihrer schönen Heide und das Kräuterweiblein
schüttelte seine grüne Schleppe über die Heide und zauberte
damit seine Kräuter wieder auf die Wiese, mit diesem
Zauberspruch:
*
Ihr
Kräuter auf der Heide,
mit
eurem grünen Kleide,
wachset
alle frohgemut,
denn
eure Heilkraft tut uns gut!
*
So
sang das Kräuterweiblein, und was glaubt ihr? Da begannen auch
schon alle Kräuter zu wachsen. Da
schüttelte
das Kräuterweiblein seinen Schleier über die Heide, dieser war so
golden wie die Sommersonne und schon duftete es herrlich nach Minze,
nach Kamille und Melisse. Wie freuten sich da die Zwerge und als
es dunkel wurde, hatten sie alle ihre Körbchen voll. Die schönsten
Kräuter aber hatten sie der Hexe Tannenmütterchen in ihren Korb
gelegt, weil sie ja den Zauberer verjagt hatte. Nicht ein
Kräuterblatt brauchte sie selbst zu pflücken. Sie bedankten sich
alle bei dem Kräuterweiblein und bei der Hexe. Dann gingen sie durch
den Wald nach Hause, trockneten dort ihre gesammelten Pflänzchen und
waren sehr zufrieden.
Ein
wunderschönes Sommermärchen zum Thema "Kräutersammeln".
Manchmal
erzählen wir es auch im Winter bei einer Tasse Kräutertee, wenn wir
daran denken wie viel Heilkraft & Sonnenenergie in den Kräutern
steckt und wie sie uns dabei helfen im Winter gesund zu bleiben.
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