Oengus
war ein Feenprinz und der Sohn von Dagda, dem Vater aller Götter.
Eines Nachts geschah es dass Oengus im Schlaf eine Gestalt an sein
Bett treten sah. Ein lieblicher Duft nach Apfelblüten stieg ihm in
die Nase und als er sich aufsetzte erkannte er im Dämmerlicht, dass
es die schönste Jungfrau war, die er je in Èriu (Irland)
je
gesehen hatte. Ihre Stimme war so lieblich und rein und ein sanftes
Licht schien sie zu umstrahlen. Es war Caer,
die Tochter von Ethal. Oengus verliebte sich auf den ersten Blick in
sie und er wollte schon nach ihrer Hand greifen und sie an sich
ziehen, da wich sie plötzlich von ihm und verschwand. Und Oengus
wusste nicht wohin. Ein Jahr lang sah er das Mädchen in seinen
Träumen, sie spielte auf einer Harfe für ihn und sang mit ihrer
lieblichen Stimme dazu. Doch konnte er weder mit ihr sprechen noch
sie berühren, da ihn ihre schwermütigen Zaubermelodien in den
Schlaf wiegten. Der Feenprinz dachte die ganze Zeit über nur an das
schöne Mädchen, er verzehrte sich so sehr nach ihr, dass er vor
Sehnsucht ganz krank wurde. Er wollte nicht mehr essen, nicht mehr
ausreiten, nicht mehr seinen Pflichten nachgehen und nicht mehr
lachen. Als Boann, Oengus Mutter und sein Vater Dagda von dem Kummer
ihres Sohnes hörten, wollten sie ihm helfen und ließen ihre Boten
in ganz Èriu nach der schönen Frau suchen, die Oengus so
verzweifelt liebte. Fast ein Jahr lang durchkämmten die Gefolgsleute
der Tuatha auch noch die entlegendsten Winkel der Insel Èriu, bis
sie die Jungfrau schließlich am Drachenmaulsee in Cruitt Cliach
fanden. Sofort kehrten die Heerscharen zu Dagda zurück und
berichteten, dass sie ein Mädchen ganz nach Oengus Beschreibung
gefunden hatten. Als Prinz Oengus davon hörte wollte er sofort
aufbrechen um sich davon zu überzeugen, ob es sich wirklich um die
Richtige handelte. Mit seinem Streitwagen fuhr er nach Sid ar Femuin.
Der König hatte ein großes Fest zu Ehren von Oengus vorbereitet um
ihn willkommen zu heißen. Drei Tage und drei Nächte verbrachten sie
feiernd. Doch danach machte Oengus sich ungeduldig mit seinen
Begleitern auf den Weg zu besagtem See. Unbemerkt schlich er sich
näher und sah auf dem Wasser eine Schar Schwäne gleiten, so weiß
und rein wie frisch erblühte Apfelblüten. Vor seinen Augen
verwandelten sich die Schwäne in Jungfrauen und die Gesuchte befand
sich unter ihnen. Jedes der Mädchen trug ein goldenes Kettlein. Nur
Oengus Mädchen trug silbernen Halsschmuck. „Wahrhaftig sie ist es.
Ich erkenne sie wieder“ murmelte er. „Mehr können wir nicht tun“
sprachen die Gefolgsleute. „Es ist Caer die Tochter von König
Ethel von Connacht. Sie lebt zusammen mit ihren Feenschwestern in der
Gestalt eines Schwanes.“ Oengus sah ein, dass er das Mädchen nicht
einfach mitnehmen konnte und so ritt er zum Vater des Mädchens um
ihn um ihre Hand zu bitten. Doch Ethal, der Vater von Caer,
schüttelte nur den Kopf: „Ich kann dir leider nicht helfen, mein
Prinz. Caer wird sich niemals meinem Willen beugen. Die Macht die sie
besitzt ist viel stärker als meine. Du musst sie schon selber
fragen, denn kein lebender Mann kann über sie bestimmen.“ „So
sage mir wenigstens über welche Macht sie gebietet und wo ich sie
treffen kann um mit ihr zu sprechen“ bat Oengus den König. „Nun
gut, dass will ich dir sagen: In einem Jahr nimmt sie die Gestalt
eines Schwanes an und im nächsten Jahr wieder die Gestalt eines
Menschen. Ich werde dir nun auch verraten, dass sie zum nächsten
Samhainfest in der Gestalt eines Schwanes zum Loch Bél Dracon
fliegen wird. In ihrer Begleitung wird man wunderbare Vögel sehen,
dreimal fünfzig Schwäne.“ Oengus bedankte sich bei Ethal und
verlies sein Haus. Am nächsten Neumond zu Samhain, ritt Oengus zum
Loch Bél Dracon. Er sah dreimal fünfzig weiße Schwäne auf dem
See. Sie alle trugen goldene Kettlein um den Hals. Oengus stand in
menschlicher Gestalt am Seeufer. Er rief den einzigen Schwan mit
silbernem Kettlein zu sich: „Komm Caer, sprich mit mir“ „Wer
ruft mich?“ wollte Caer wissen. „Oengus ruft dich!“ „Ich
werde kommen, wenn du mir versprichst, dass ich bei Morgengrauen zu
meinen Feenschwestern zurückkehren kann“ bat Caer. „Ich
verspreche es“ So kam Caer in ihrer menschlichen Gestalt zu Oengus
ans Seeufer und er gestand ihr seine Liebe und Zuneigung. Caer war so
berührt, dass sie ihn erhörte. Die beiden verwandelten sich in
Schwäne und flogen drei Mal über den See. Als der Morgen dämmerte
wollte auch Caer Oengus nie mehr verlassen. Aus Liebe zu Caer
verwandelte sich Oengus in einen Schwan. Sie blieben für immer
zusammen und lebten zu Weilen als Menschen und zu Weilen flogen sie
wild und frei mit den Schwänen durch die Welt.
©zissa
nach
einem irischen Märchen
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