Mittwoch, 7. August 2013

Das Kräuterweiblein {Lughnasadh Märchen}

Vor langer, langer Zeit lebten einst viele kleine Zwerge. Als damals der Sommer vorüber war da gingen die Zwerge des abends auf die Heide. Ihre Körbchen, viele kleine Körbchen, nahmen sie mit. Sie suchten die unterschiedlichsten Kräuter: Pfefferminze, Melisse, Kamille und viele mehr auf der Heide. Eines abends nun, im späten Sommer gingen sie wieder einmal mit ihren Körbchen hinaus, um sich verschiedene Kräuter für den kalten Winter zu suchen. Aus den Kräutern kochten sie nämlich Tee, der ihnen helfen sollte, im Winter gesund zu bleiben. Als sie aber am Wald, bei Birken und Büschen ankamen, da war nicht ein einziges Kräutlein auf der Wiese. Keine Pfefferminze, keine Kamille, keine Melisse, nichts war zu sehen. Da wurden die Zwerge sehr traurig: „Jetzt haben wir gar keine Kräuter mehr, die uns vor Erkältungen im kalten Winter schützen können.“ Als sie nun so traurig waren und nicht ein noch aus wussten, da kam gerade die Hexe Tannenmütterchen über den Tannenweg gelaufen. Auch sie wollte sich Kräuter holen. Sie hörte die Zwerge jammern und ging auf sie zu und fragte: „Warum sitzt ihr denn alle da und weint, ihr guten kleinen Zwerge?“ „Ach, liebes Tannenmütterchen, sagten die Zwerge, es ist kein einziges Kräutlein mehr auf der Heide zu finden und nun haben wir im Winter keine Vorräte, die uns gegen Schnupfen und Halsweh helfen könnten.“ Da hatte die Hexe einen Einfall. Lasst uns zum Kräuterweiblein gehen, vielleicht weiß sie, wo unsere guten Kräuter sind. Da gingen alle miteinander zum Kräuterweiblein durch den Wald bis hinter einen Berg. Das Kräuterweiblein wohnte in einer silberweißen Birke mitten auf der Heide. Die Hexe klopfte an die Birke und rief mit den Zwergen:
*

Kräuterweiblein, kleines,
Kräuterweiblein, feines,
komm zu uns heraus
aus deinem Silber-Birken-Haus!

*
Sie riefen noch einmal, aber der Birkenbaum schüttelte nur seine traurigen Blätter und kein Kräuterweiblein kam heraus. Wo mag es nur geblieben sein? Pst, pst! machte es da unter der Birke. Die Hexe bückte sich und schaut nach unten. Sieh da, da steckte die Haselmaus ihr Köpfchen aus dem Loch und sagte: „Tannenmütterchen, ich weiß, wo das Kräuterweiblein ist. Ich habe es gesehen, wie es im Frühjahr aus seinem Birkenhaus kam, um nach den Kräutern zu sehen. Da kam plötzlich der Zauberer und hat das Kräuterweiblein mitgenommen und in einer Burg versteckt. Ja, das habe ich selbst gesehen.“
Ohje!“ , rief da das Tannenmütterchen, „dann müssen wir sogleich auf den Berg und zur Burg des Zauberers gehen.“ Und mit langen Schritten fegte die Hexe dahin über die Heide. Die Zwerge hinter ihr her. Dann liefen sie über die sieben Berge, durch die sieben Wälder und noch einmal über sieben Brücken, bis sie vor dem Bergschloss des Zauberers standen.
Die Hexe rief: „Öffne deine Tür, Zauberer, hier sind die Zwerge und das Tannenmütterchen!“
Da klappte der Zauberer das Fenster der Burg auf und rief: „Ich werde euch keine einzige Türe öffnen, schert euch weg!“
So, du machst nicht auf“, sagte das Tannenmütterchen und nahm ihren Besenstiel und knallte ihn an die Türe. Diese sprang sogleich auf und dann - perlicko - perlacko - perlucko - verzauberte sich die Hexe in eine große Wildkatze. Der Zauberer erschrak so sehr, dass er eilig davonlief, so schnell er konnte, über alle sieben Brücken, Wälder und Berge. Die Wildkatze verwandelte sich wieder in die Hexe Tannenmütterchen. Sie und die Zwerge liefen sogleich durch das ganze Zauberschloss um das Kräuterweiblein zu suchen. Aber nirgends fanden sie es.
Bis auf einmal der kleinste Zwerg bist unter das Dach, hoch oben auf den Speicher kroch und da fand er ein winziges Türchen. Das zauberte die Hexe auf und siehe da, dahinter war ein dunkles vergittertes Stübchen. In diesem Stübchen saß das arme Kräuterweiblein und weinte. Die Hexe und die Zwerge aber riefen:
 *

Kräuterweiblein, kleines,
Kräuterweiblein, feines,
nun ist der Zaubrer fort
nun hat ein End´ die Not!

*

Das Kräuterweiblein konnte es erst gar nicht glauben, aber dann lief es fröhlich mit den Zwergen und der Hexe aus dem Schloss, über die sieben Brücken, durch die sieben Wälder und über die sieben Berge. Da waren sie wieder auf ihrer schönen Heide und das Kräuterweiblein schüttelte seine grüne Schleppe über die Heide und zauberte damit seine Kräuter wieder auf die Wiese, mit diesem Zauberspruch:

 *

Ihr Kräuter auf der Heide,
mit eurem grünen Kleide,
wachset alle frohgemut,
denn eure Heilkraft tut uns gut!

*

So sang das Kräuterweiblein, und was glaubt ihr? Da begannen auch schon alle Kräuter zu wachsen. Da schüttelte das Kräuterweiblein seinen Schleier über die Heide, dieser war so golden wie die Sommersonne und schon duftete es herrlich nach Minze, nach Kamille und Melisse. Wie freuten sich da die Zwerge und als es dunkel wurde, hatten sie alle ihre Körbchen voll. Die schönsten Kräuter aber hatten sie der Hexe Tannenmütterchen in ihren Korb gelegt, weil sie ja den Zauberer verjagt hatte. Nicht ein Kräuterblatt brauchte sie selbst zu pflücken. Sie bedankten sich alle bei dem Kräuterweiblein und bei der Hexe. Dann gingen sie durch den Wald nach Hause, trockneten dort ihre gesammelten Pflänzchen und waren sehr zufrieden. 

Ein wunderschönes Sommermärchen zum Thema "Kräutersammeln".
Manchmal erzählen wir es auch im Winter bei einer Tasse Kräutertee, wenn wir daran denken wie viel Heilkraft & Sonnenenergie in den Kräutern steckt und wie sie uns dabei helfen im Winter gesund zu bleiben.

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