Dienstag, 27. August 2013

Das verschwundene Sonnenkind {Mabon Märchen}

Mabon (Mejbun), das Kind des Lichtes, der liebliche Sohn der Sonne, war seiner Mutter Modron gestohlen worden. Und Modron, die Beschützerin der Erde, verzagte vor Kummer und Gramm, sie konnten ihren kleinen Sohn nicht mehr finden. Sie weinte, weinte und vergoss tausend Tränen. Wo war Mabon, ihr liebes Kind? Er war doch noch so klein, nur drei Jahre alt. Niemand vermochte es zu sagen. Er war vom Angesicht der Mutter Erde verschwunden, wie das Sommergrün mit dem Einzug des Winters verschwindet. Nicht mehr länger lachte und spielte er im hellen Sonnenschein, er der junge liebliche Sonnengott. Sein Licht war verborgen. Die Dunkelheit hatte ihn verschlungen und hielt in versteckt. Alles Suchen nach ihm blieb vergeb­lich. Da sandte König Arthur seine vier fähigsten Ritter, Kyllwch (Keschluk), Cei (Ke-i), Eidoel (Aidul) und Gwrhyr (Gowhier) mit Namen, aus um in der Ferne nach Mabon zu suchen oder jemanden zu finden, welcher ihnen sagen konnte, wo sich Mabon befand. Nach langer Zeit der Suche kamen die vier Ritter schließlich in die Heimat des ältesten Vogels der Welt, der Amsel. Gwrhyr, welcher die Gabe besaß alle Sprachen der Welt, die der Tiere und die der Menschen zu verstehen und zu sprechen, rief: Liebe Amsel, wir sind König Arthurs Ritter und wollen dich darum bitten uns zu sagen, ob du etwas von Mabon, dem Sohn der Göttin Modron gehört hast, da man ihn seiner Mutter gestohlen hat, als er nur drei Jahre zählte. „Ich lebe schon seit langer Zeit hier“ sprach die Amsel „und als ich hierher kam, war ich noch ein sehr kleiner und junger Vogel, aber in all der langen Zeit habe ich niemals etwas von Mabon, dem Sohn der Göttin Modron gehört. Doch ich will euch helfen, Ritter König Arthurs, ich will euch zu einem Ort geleiten, an welchem ein Tier lebt, welches noch viel älter ist als ich selbst es bin.“ So führte die Amsel die Männer in einen tiefen Wald, wo sie in die Heimat des Hirsches kamen. Der Hirsch war eines der ältesten Tiere der Welt und sein Geweih wuchs wie der Wald selbst auf seinem Kopf und besaß so viele Enden wie der Wald Bäume hat. „Lieber Hirsch“ sprach Gwrhyr, welcher auch die Sprache der Hirsche zu sprechen vermochte „ Wir sind König Arthurs Ritter und wollen dich darum bitten uns zu sagen, ob du etwas von Mabon, dem Sohn der Göttin Modron gehört hast, da man ihn seiner Mutter gestohlen hat, als er nur drei Jahre zählte.“ „Ich lebe nun schon eine lange, lange Zeit hier“ sprach der Hirsch „und als ich hierher kam besaß ich doch gerade erst zwei kleine Geweihspitzen, eine auf jeder Seite meines Kopfes. Und es gab nur eine einzige kleine Eiche, aus welcher nun dieser herrliche große Wald erwachsen ist. Und die Eiche selbst ist nun uralt und wohl hundert Fuß hoch. In all der langen Zeit, habe ich niemals etwas von Mabon, dem Sohn der Göttin Modron gehört. Doch ich will euch helfen, Ritter König Arthurs, ich will euch zu einem Ort begleiten, an welchem ein Tier lebt, welches noch viel älter ist als ich selbst es bin.“ So geleitete der Hirsch die Männer in die Tiefen des mächtigen Waldes, bis sie an seine dunkelste und geheimnisvollste Stelle kamen, wo die Eule lebte. „Liebe Eule“ sprach Gwryhr in der Sprache der Eulen „ Als Ritter König Arthurs kommen wir zu dir und wollen dich darum bitten uns zu sagen, ob du etwas von Mabon, dem Sohn der Göttin Modron gehört hast, da man ihn seiner Mutter gestohlen hat, als er nur drei Jahre zählte.“ „Seit einer langen, langen Zeit lebe ich nur hier“ sprach die Eule „ als junger Vogel kam ich in diesen uralten Wald und es kamen Menschen, die fällten alle Bäume des Tales, ein neuer Wald erwuchs daraufhin und die Menschen fällten erneut alle Bäume. Dies nun ist der dritte Wald, welcher in dieser Zeit erwachsen ist. Seht mich an, ich bin eine alte Eule, meine Flügel vermögen kaum noch mich zu tragen, aber in all der langen Zeit, habe ich niemals etwas von Mabon, dem Sohn der Göttin Modron gehört. Doch will ich euch helfen, Ritter König Arthurs, ich will euch zu einem Ort führen, an welchem ein Tier lebt, welches noch viel älter ist als ich selbst es bin.“ So gelangten sie unter der Eule Führung auf die Spitze eines hohen Berges, in die Heimat des Adlers. „Lieber Adler“ sprach Gwrhyr in den Worten der Adler, „Als Ritter König Arthurs kommen wir zu dir und wollen dich darum bitten, uns zu sagen, ob du etwas von Mabon, dem Sohn der Göttin Modron gehört hast, da man ihn seiner Mutter gestohlen hat, als er nur drei Jahre zählte.“ „Seit langer Zeit lebe ich nun hier“ sprach der Adler „als ich hierher kam, war der Berg so hoch, dass ich von seiner Spitze aus die Sterne berühren konnte. Mit der Zeit aber wurde der Berg kleiner und kleiner, und in all diesen ungezählten Jahren, habe ich niemals etwas von Mabon, dem Sohn der Göttin Modron gehört.“ Die vier Ritter waren nun sehr enttäuscht und fürchteten schon an Arthurs Hof zurückkehren zu müssen, ohne ihren Auftrag erfüllt zu haben. Sie dachten an den armen  Mabon, welcher für immer an ungewissem Orte eingesperrt bleiben würde. Da erhob der Adler erneut das Wort: „Ich erinnere mich jedoch an etwas. Einst flog ich auf der Suche nach Beute über das Tal der Seen, da sah ich einen großen silberglänzenden Lachs in einem der Seen schwimmen. Schon stieß ich vom Himmel herab um ihn mit meinen Klauen zu ergreifen, voll Freude auf den guten Happen, den er abgeben würde. Doch als ich ihn erfasste, erkannte ich, dass der Lachs große Kräfte besaß, denn er zog mich unter Wasser und fast wäre ich selbst ertrunken. Seit dieser Zeit, sind wir beide Freunde. Er ist das älteste und weiseste Tier der Erde und wenn er nicht weiß, wo Mabon sich befindet, so weiß es wohl niemand. Ich will euch zu seinem See führen, Ritter König Arthurs.“ So brachte der Adler sie zu einem Fluss, welcher sie direkt zu dem See führte, in welchem der große silberfarbene  Lachs in klarem reinem Wasser schwamm. „Lieber Lachs“ sprach Gwrhyr „Als Ritter König Arthurs kommen wir zu dir und wollen dich darum bitten, uns zu sagen, ob du etwas von Mabon, dem Sohn der Göttin Modron gehört hast, da man ihn seiner Mutter gestohlen hat, als er nur drei Jahre zählte.“ „Das habe ich wohl“ sagte darauf der Lachs „Wenn der Fluss Hochwasser trägt, reise ich gewöhnlich zum Schloss Caer Llowy  hinauf, dort hörte ich eines Tages das traurigste Weinen, welches ich je in meinem Leben vernommen habe. Zwei von euch Rittern können auf meinen Rücken steigen und ich will euch an eben jenen Ort bringen.“ Da bestiegen Gwrhyr und Cai den Rücken der Lachses und er brachte sie den Fluss hinauf bis zum Schloss Caer Llowy. Das Schloss war von einer riesigen und unüberwindbaren dunklen Mauer umgeben und von dort erklang das jammervollste und herzzerreißendste Weinen, welches sie je vernommen hatten. „Wer ist es der dort weint und jammert“ rief Gwrhyr. „Ich bin es, Mabon, Sohn der Modron“ lautete die Antwort, „Und ich weine und jammere, weil ich in den dunklen Mauern dieser Burg gefangen gehalten werde. Und befreien kann man mich nur durch Schlacht und Kampf.“ „Hab Mut, Mabon“ rief Gwrhyr „wir werden alle Ritter König Arthurs zu Hilfe holen und dich schon bald befreien.“ So kehrten die vier Ritter eilends an Arthurs Hof zurück und berichteten dem König was sie gehört hatten. So schickte Arthur sein ganzes Heer aus und mit aller Macht brachen die Ritter sich einen Weg durch die dunklen Mauern des Schlosses am Wasserfall. Es gab eine große Schlacht und wildes Kampfgetümmel in den dunklen Schatten des Schlosses. Doch schließlich bezwangen die tapferen Ritter ihre Widersacher. So endlich konnte Mabon, der Sohn der Göttin Modron, befreit werden und wurde den Armen seiner überglücklichen Mutter zurückgegeben.

©zissa

nach einem walisischen Märchen

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