Sonntag, 22. September 2013

Etain und Midir {Mabon Märchen}

Einst lebte in Irland eine wunderschöne Königstochter namens Etain (Eh-tin), die Strahlende. Etain war von der selben Schönheit wie die Sonne, ihr goldenes Haar glich fein gesponnenem Sommerkorn. Ihre Augen glühten wie die blauen Kornblumen im Feld. Ihr Mund glich dem roten Mohn der lieblich wie ein Schmetterling in der flirrenden Brise tanzt. Erblickte jemand etwas, dass er für schön hielt, wollte man es nicht als schön bezeichnen, bis man es nicht mit Etain verglichen und festgestellt hatte, dass nichts und niemand so herrlich war wie sie. So kam es, dass Midir (Mei-ter), der Herr der Feen, sich  unsterblich in sie verliebte als er sie zum ersten Mal erblickte und schließlich um ihre Hand anhielt. Etains Vater, welcher seine Tochter sehr liebte, wollte sie dem Feenprinzen jedoch nicht ohne guten Grund zur Frau geben und stellte diesen auf die Probe. Drei, von wilden Wäldern überwucherte und unwegsame Landstriche sollte Midir roden, so dass des Königs Schafe darauf würden weiden können. Mit der Hilfe des Dagda, des Guten Gottes, gelang es Midir diese Aufgabe zu erfüllen und am nächsten Morgen waren die drei Landstriche von allem Wildwuchs befreit und die Schafe des Königs weideten dort. Jedoch wollte sich Etains Vater damit noch nicht zufrieden geben und so stellte er den Feenprinzen auf eine weitere Probe. Aus des Königs Land sollte Midir zwölf Flüsse entspringen lassen, wo noch niemals Wasser dem Schoss der Erde entsprungen war. Diese Flüsse müssten die Menschen mit Fischen versorgen und das Land wässern und fruchtbar machen. Mit der Hilfe des Dagda, des Guten Gottes, gelang es Midir auch diese Aufgabe zu erfüllen und am nächsten Morgen waren da zwölf klare Flüsse voller Fische, wo vorher keine gewesen waren. Und sie wässerten das Land und machten es fruchtbar. Ein letztes Mal wollte Etains Vater den Feenprinzen auf die Probe stellen und so forderte er von Midir, dass er ihm Gold und Silber bringen möge, so viel, das man damit Etains Gewicht würde aufwiegen können. Und  mit der Hilfe des Dagda, des Guten Gottes, vermochte Midir auch diese Aufgabe zu erfüllen. Er brachte dem König so viel Gold und Silber, dass es leicht Etains Gewicht und mehr aufwog. So wurde Etain schließlich und endlich dem Feenprinzen zur Frau gegeben. Als man sie zu ihm brachte, schloss Midir sie glücklich in die Arme und hob sie auf sein weißes Pferd. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg in Midirs Reich, ins Land der Feen, welches man durch die grünen Feenhügel im Westen betritt. Auch Etains Herz war voller Freude und Liebe, denn ihr neuer Mann gefiel ihr sehr gut und sie war entzückt von dem Gedanken nun selbst zum Volk der Feen zu gehören. Kurz bevor sie die Feenhügel und die versteckten Pforten des Feenreiches erreichten, küsste Midir Etain zärtlich auf die Stirn und sprach in der alten Sprache der Feen einen machtvollen Zauber über sie. Auch Etain sollte von nun an die Gabe besitzen, die Nebel zwischen den Welten um sich zu ziehen. Als Gemahlin des Feenprinzen vermochte sie nun sich vor den Augen der Menschen zu verbergen und sich unsichtbar zu machen, wann immer sie wollte. Zusammen passierten beide das Tor ins Feenland und Midir zeigte Etain stolz sein Reich, ein Ort wunderschöner blühender Gärten mit Hainen voller Obstbäume und lustig vor sich hin plätschernder Quellen. Midirs Schloss war aus silberweißem Mondstein gebaut und besaß hohe aus edlen Hölzern gezimmerte Bogenfenster. Überallhin führte er Etain, bis sie zu müde war noch einen Schritt zu tun. Da verabschiedete Midir sich von seiner Gemahlin und bat eine der Feenfrauen, Fuamnach (Fuaimnek) mit Namen, darum Etain in ihre Gemächer zu bringen. Fuamnach jedoch war eifersüchtig auf Etain, da sie selbst in Midir verliebt war und seine Frau hatte werden wollen. Sie war auch eine mächtige Zauberin und so verwandelte sie Etain, als sie diese in ihr Gemach geführte hatte mit bösen Zauberworten in einen kleinen dunklen See aus perlendem Wasser. So lag nun Etain verwandelt als Wasserpfütze mitten im Raum und Midir konnte sie nicht erkennen. Da verlies er das Schloss um sie in den Gärten zu finden, doch auch dort gab es keine Spur von seiner geliebten Frau und so zog er schließlich aus in die Welt um sie in der Ferne zu suchen. Lange Zeit verweilte Etain in der Gestalt des kleinen Sees in ihrem Gemach. Dann begann sie sich durch die Wärme des Feuers im Kamin, durch die Bewegungen der Luft und den sanften Druck der Erde unter sich in einen winzigen kleinen Wurm zu verwandeln. Mühsam kroch sie als Würmchen in den Garten des Feenpalastes um dort von den grünen Pflanzen zu kosten. Sie hatte großen Hunger. Als sie sich satt gegessen hatte begann sie sich in einen kleinen seidenen Kokon zu verspinnen. Darin schlief sie sieben Tag lang und als sie erwachte, brach sie sich durch den Kokon und war zu einem herrlichen Schmetterling geworden. Ihre Stimme war das süßeste Zirpen der Zikaden  und ihre lieblichen Augen glänzten wie Edelsteine. Sie breitete ihre regenbogenfunkelnden Flügel aus und flog auf und davon in die Welt hinaus. Schließlich fand sie ihren lieben Midir und flüsterte ihm ins Ohr was geschehen war: „Ich bin es, deine Etain. Ich habe mich in einen Schmetterling verwandelt.“  Da erkannte Midir seine geliebte Frau Etain und die beiden blieben zusammen und liebten sich auch täglich mehr. Midir wünschte sich keine andere Frau auf Erden, denn er liebte Etain auch in der Gestalt eines Schmetterlings und täglich erwachte er mit ihrem lieblichen Gesang und schlief mit ihrem zärtlichen Flügelschlag ein. Nun geschah es, dass es Fuamnach, der eifersüchtigen Feenfrau, gelang den kleinen Schmetterling einzufangen, böse sprach sie: „Ich weiß, dass du Etain bist und das Midir dich noch immer liebt. Ich kann es nicht ertragen dich an seiner Seite zu sehen.“ Da entfachte sie mit Magie einen mächtigen Wind, welcher brauste und blies und Etain weit, weit weg wehte. Sieben Jahre lang wurde Etain, als kleiner Schmetterling, durch die Welt getragen und konnte weder Rast einlegen, noch Schlaf finden. Der Wind trieb sie beständig an. Über alle Meere und Länder flogen sie und Etain blieb nichts anderes übrig als sich vom Wind dorthin führen zu lassen, wohin er Lust hatte sie zu wehen.  Da wurde Etain mit der Zeit sehr traurig und dachte bei sich: „Ich will nicht mein ganzes Leben lang fliegen und mich umhertreiben lassen müssen. Wie innig wünschte ich mir wieder ein richtiges Leben führen zu können. Wie sehne ich mich nach einem neuen Dasein auf der Erde.“ So kam es, dass der Wind sie schon bald in die Burg eines sehr ehrbaren Ritters führte. Dessen Frau saß gerade an der Tafel und speiste ihr Abendmahl. Und der Wind lies die kleine Etain direkt in den Kelch auf dem Tisch fallen. Da hob die Frau den Kelch und führte ihn an die Lippen und - ohne dass sie es gemerkt hätte - trank sie von dem süßen Wein und schluckte Etain mitsamt dem Trank hinab. Etain fühlt wie sie in dem warmen Frauenkörper nach unten sank und weich zu liegen kam. Ihre Augen begannen zuzufallen, sie wurde müde. Unsagbar müde und schon bald darauf, war sie tief und fest eingeschlafen. Neun Monate darauf gebar die Frau dem Ritter ein wunderschönes und allerliebstes Töchterchen. So kam es, dass Etain, als Menschenkind wiedergeboren, als glückliches Kind im Kreise ihrer liebevollen und zärtlichen Familie aufwuchs und endlich wieder auf Irlands schöner Erde wandeln konnte. Als Etain groß war, wollte ihr Vater sie verheiraten und so richtete er festliche Spiel aus, in welchen alle Ritter und Edelmänner des Landes drei Aufgaben erfüllen mussten um so einen Kuss von Etain und ihre Hand gewinnen zu können. Auch Midir, der Feenprinz, kam zur Burg von Etains Vater um sein Glück zu versuchen. Er wusste wohl, dass es sich bei der Tochter des Ritters um seine lange verschollene Gemahlin handelte. Etain jedoch erkannte ihn nicht. Schließlich, nachdem alle anderen Edelmänner gescheitert waren, gelang es Midir die drei Aufgaben zu erfüllen. Er beugte sein Gesicht und Etain gab ihm den versprochenen Kuss und in diesem Moment – als sich ihre Lippen berührten – erkannte sie in ihm ihre geliebten Gemahl wieder. Da verwandelten sich die beiden in zwei weiße Schwäne und sie flogen gemeinsam von einem goldenen Band aneinander gebunden zurück in Midirs Feenreich. 


©zissa

nach einem irischen Märchen

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